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Heidi Klum, Tokio Hotel und die mörderische Frage wer mit wem schläft. Oder warum.


Kinder, in Zeiten wie diesen komme ich trotz neuer Wahrnehmungen, Empfindungen und Klarheiten nicht umhin mich kritisch und fast schon übergenau zu fragen ob es in Ordnung ist, dass mein aktueller Lebensentwurf nicht dem der anderen gleicht. Und ob es trotz dessen gesellschaftskonform ist, dass ich in einigen Bereichen andere Vorstellungen von einem ausgefüllten, zufriedenen und gleichsam wilden und bunten Leben habe als sicherlich die meisten Menschen hierzulande.

Ihr ahnt es, inzwischen ist viel passiert. Ich bin mit Bill Kaulitz von Tokyo Hotel durchgebrannt! Nein, natürlich nicht!, der ist ja schließlich heute mit Veronica Ferres und Carsten Maschmeyer zum Lunch in L.A. durchgebrannt, und genau darin könnte der Hase im Pfeffer liegen. Oder zumindest würde er das vielleicht gerne, jetzt so kurz nach Ostern, aber genau genommen tut er das eigentlich gar nicht. Wäre ich in Hollywood nicht doch vielleicht besser aufgehoben? Aber ich schweife ab.

Deshalb lange Rede, wilder Sinn: Was will ich? Und darf ich auch wollen was ich will? Oder muss ich das wollen was die anderen wollen?

Sicher, in jedem guten Ratgeber steht spätestens auf Seite 8 wie wichtig es ist herauszufinden was wir wollen. Passt und ist soweit logisch. Könnten wir also getrost abhaken, wenn wir feststellen, dass wir scheinbar ganz genau wissen was wir wollen, den Ratgeber zur Seite legen und weiter die Finger in die Chipstüte stecken, sie anschließend genüsslich ablecken und überlegen ob wir heute die komplette Serie „Scream Queens“ gucken möchten, oder ob wir uns noch ein paar Folgen für den kommenden Abend aufheben wollen.

Tja, aber spätestens in dem Moment, in dem wir uns sinnenfreudig eingerichtet haben und vermeintlich friedvoll in den Sofakissen liegen, den Blick auf die keifenden, kreischenden, absurd-amüsanten Darstellerinnen der amerikanischen Gruselserie geheftet während die Finger sich gefährlich dicht dem Boden der Chipstüte nähern, bahnen sich blöde kleine teuflische Gedanken einen Weg in unser Denkzentrum. Und diese veranlassen uns, trotz Mord und Totschlag auf dem Bildschirm, verübt durch einen Rächer im Teufelskostüm, wenn das mal kein subtiler Hinweis darauf ist, warum sich teuflische Gedanken Bahn brechen, dann weiß ich es auch nicht!, ich sage es Euch!, doch noch einmal zu überdenken ob es wirklich in Ordnung ist, dass wir das wollen was wir wollen.

Ja, ich weiß, nun wird es langsam kompliziert, und nur noch die Schnelldenker unter den Schnelldenkenden verstehen meine Ausschweifungen. Also versuche ich mein wildes Geistesgut in leichtfüßigere Worte zu kleiden und auch die abzuholen, die sich gerade fragen warum zum Teufel die Chipstüte eigentlich schon wieder so schnell leer ist.

Zuerst nehme ich jedoch noch einen kurzen Umweg über „Busen oder Po?“, frage mich ob die nackte Heidi Klum in Mexiko ungestüm knutschend mit Tom Kaulitz von Tokyo Hotel nicht noch tausendmal gruseliger ist als ein mordender Vergeltungstäter im Teufelskostüm und setze dann an die von mir in diesem Zusammenhang aufgebrachte Frage ohne Schnörkel und weitere Umschweife auszusprechen: Ist es ok, dass ich das will was ICH will? Oder muss ich das wollen was man halt so wollen muss? Reichen meine Wünsche aus wenn sie mir ausreichen? Oder gerate ich dadurch ins gesellschaftliche Abseits weil ich eben nicht das will was vermeintlich ALLE wollen? Sondern vielleicht viel mehr, oder viel weniger, oder gar etwas GANZ GANZ anderes? Bin ich vielleicht zufrieden damit dass ich öfter mal meine Ruhe habe, dass mir niemand meine Salted Tortilla Chips mit Hot Salsa Dip weg isst, dass ich schmachtend „Let’s Dance“ und voller Euphorie die OSCAR-Nacht gucken kann, dass ich für niemanden außer für mich selbst die Wäsche waschen, im Supermarkt niemanden von der Naschecke weglotsen und mir dafür ohrenbetäubendes Geschrei anhören, mir von keinem Hund das Gesicht ablecken und keine Katzenhaare von meinem Sofa saugen muss? Und nun wage ich es ganz unverfroren noch einmal in anderen Worten zusammenzufassen, und wem das zu nervenaufreibend ist, der hält sich jetzt besser beim Lesen die Augen zu, also so in etwa wie wenn der rachegelüstende Teufel bei „Scream Queens“ die Bildfläche betritt, denn jetzt, JETZT!, schreibe ich es offen aus:

Darf ich mir selbst genug sein?

Kinder, ich sage hiermit nicht, dass die Dinge sich nicht auch wieder verändern können. Aber vielleicht ist es auch ganz schön für einen Moment innezuhalten und festzustellen, dass es so wie es gerade ist gut ist. Und nur weil es anders ist als bei den meisten anderen, es nicht schlechter ist, sondern vielleicht seine ganz eigenen Vorzüge und Besonderheiten und eben auch seine ganz eigenen Schönheiten hat. Und wenn wir genau hinschauen und es sehen und spüren können, eben auch seinen ganz eigenen Zauber.

So gruselig ich es aktuell finde, und zwar so sehr, dass ich es kaum ausschreiben kann, geschweige denn mir die Bilder anschauen kann, so ist es vielleicht genau das was Heidi Klum und Tom Kaulitz gerade tun. So ganz ohne Sinn und Verstand, ohne Zweck und Ziel und ohne Punkt und Komma. Einfach so. Und das ist mit größtmöglicher Sicherheit auch nicht das, was ALLE wollen. Und sie tun es trotzdem.

Weil es nicht um die anderen geht, sondern um das was wir für uns wollen. Um das was uns gut tut. Und um das was genau in diesem Moment so ist wie es ist. Warum in die Ferne schweifen, sieh’ das gute liegt so nah. Und damit meine ich nicht, dass wir ab jetzt nur noch Urlaub auf Balkonien, oh nee, das klingt so scheiße, also ohne dieses Eingedeutschte, also Urlaub auf dem Balkon machen sollten. Nein. Sondern dass wir lernen können den Augenblick zu genießen, genau so wie er jetzt gerade ist, mit dem was jetzt gerade so ist wie es jetzt gerade ist. Und daraus die schönstmögliche Zeit zu machen. Und sei es, ich spreche es nochmal offen aus, MIT UNS SELBST.

Wir müssen nicht das Leben leben das man vermeintlich leben muss um glücklich zu sein. Glück ist eine Momentaufnahme. Wir dürfen offen fühlen, dass wir (jetzt gerade? Oder gar nie?) keine Kinder, keinen Hund, nein, auch keine Katze, kein Haus in Kleinkleckersdorf, kein gemeinsames Konto und keinen Familienurlaub wollen. Auch wenn dann noch immer viele schreien „Himmel hilf! Warum denn nicht?! Das will doch jeder! Du willst das auch! Du weißt es nur noch nicht.“ Nein. Das will nicht jeder. Und ich muss das auch nicht wollen damit andere zufrieden mit meinem Leben sind. Und was morgen ist oder vielleicht sein kann, das weiß in diesem Moment noch nicht einmal der Abendwind. Auch wenn der sonst ziemlich viel weiß. Wir dürfen anfangen zu akzeptieren, dass nicht jedes Lebensmodell dem des anderen gleicht. Akzeptanz, ja, dieses Zauberwort hat schon oft für Verstimmung gesorgt und Verwirrung gestiftet. Aber it just doesn’t get old.

Vielleicht bin ich nicht Carrie Bradshaw, nun, offensichtlich bin ich das nicht, denn dann gäbe es irgendwo in meinem Leben einen Mister Big, und vielleicht bin ich auch nicht Samantha Jones, wobei, schon eher, und Smith Jerrod würde sich auch in meinen weißen Bettlaken ziemlich gut machen, aber ich bin ich und ich habe so wie auch diese beiden Ladies aus dem Dauerklassiker „Sex and the City“ meine eigenen Ideen zu meinem eigenen selbstbestimmten Leben.

Was die Turteltauben Heidi Klum und Tom Kaulitz anbelangt wird mir noch immer ganz unwohl, aber was weiß ich über deren Lebensentwürfe und deren Selbstbestimmung und darüber, ob sie nicht sogar noch viel besser als ich darin sind den Moment zu genießen. Und nichts darauf geben was andere denken. Weil sie eben das tun was sie wollen. Und weil sie es tun möchten. Ob sie dafür einen Ratgeber lesen mussten schließe ich fast aus. Aber was weiß denn ich. Vielleicht schmeiße ich die Ratgeber auch einfach beiseite und fliege gleich mal rüber nach Hollywood. Dann treffe ich mich direkt mit Heidi und Tom zum Lunch und treffe in den Filmstudios im Anschluss vielleicht sogar noch die „Scream Queens.“ Und frage sie der Reihe nach nach ihrem ganz eigenen Rezept den Moment zu genießen und gut zu sein mit dem was man will. Ohne schlechtes Gewissen weil man es anders macht als es das vermeintliche Lebensmodell der Gesellschaft uns weis machen will.

Bereits Aristoteles (384-322 v. Chr.) formulierte denkbar schlicht und dabei wunderbar fabelhaft: „Das Glück gehört denen, die sich selbst genügen.“

Man kann das ganze natürlich auch mit Nietzsche untermalen, und auch das ist wunderschön: „Ein jeder trägt eine produktive Einzigkeit in sich, als den Kern seines Wesens; und wenn er sich dieser Einzigkeit bewusst wird, erscheint um ihn ein fremdartiger Glanz, der des Ungewöhnlichen.“

Gut, um ungewöhnlich zu sein muss ich gottseidank nicht mit Tom Kaulitz bumsen, äh, knutschen, ach, egal, irgendwas mit rummachen eben, aber ich darf wollen was ich will, auch wenn sich das nicht mit dem deckt was andere von ihrem Leben wollen. Und ich darf zufrieden sein wenn das was ich will mehr oder vielleicht sogar weniger oder eben einfach etwas ganz anderes ist. Wie gesagt, das kann sich alles jederzeit ändern. Aber wenn es sich für heute gut anfühlt, dann ist es in genau diesem Moment das einzige was zählt.

In diesem Sinne: Ich muss los. See you at lunch, lovers! L.A.-Style! Enjoy.

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