Kinder, es gibt Geschichten die nur das Leben schreiben kann. Oder wie in diesem speziellen Fall gibt es Geschichten die nur the bitchy rich people zur Mittagsstunde in einem kleinen Bistro ums Eck schreiben können. Aber der Reihe nach, wir wollen die Pointe ja nicht vor der Story verraten, sonst liest hier ja keiner mehr bis zum Ende. Und Kinder, wo kämen wir denn da hin!
So trug es sich also zu, dass ich zur benannten Stunde dem Mittagsimbiss frönte und einen kühlen Tropfen und ein paar Seiten in meinem Buch genoss. Als besondere Aufmerksamkeit des Hauses wurde mir sogar anschließend noch ein Cappuccino an den Tisch gebracht was mich nicht nur erfreute, sondern mir auch die Gelegenheit gab noch ein paar Minuten länger zu verweilen. Kinder, Ihr kennt es, und auch Goethe wusste scheinbar schon vor Jahrhunderten wovon er sprach als er die Zeilen verfasste: „Augenblick, verweile doch, Du bist so schön.“ Dass Boris Becker den Anfang dieser immerwährenden Worte einst als Titel für seine Biographie missbrauchte verzeihe ich ihm bis heute nicht. Und wäre Goethe noch am Leben so hätte er ihn sicherlich auf mehrere Millionen Euro verklagt. Ich kann nur hoffen, dass er im Himmel, oder wo immer er sich sicherlich auch nach seinem Ableben weiterhin als Schriftsteller und Poet verdingt nichts davon mitbekommen hat, sonst würde er des Nachts in seinem Himmelbett sicherlich kaum schlafen können. Aber ich schweife ab.
An den Tischen um mich herum versuchten sich die anwesenden Gockel-Adonisse wie oftmals üblich mit großtönenden Worten und stetigem Augenmerk auf Glanz, Protz und Gloria gegenseitig zu übertrumpfen und möglichst allen anderen Gästen subtil, hust, hust!, deutlich zu machen wer hier den größten hat ohne dass er extra rausgeholt werden musste. Wobei, ich glaube die elitären Herren hätten ihren sicher auch nur allzu gern herausgeholt um unter Beweis zu stellen wie groß er in der Tat ist. Da hätte allerdings die Gefahr bestanden, dass am Ende doch einer heult, wenn auch hinter verschlossener Toilettentür. Nämlich dann wenn sich herausgestellt hätte, dass nicht sie selbst den größten haben. Sondern, Gott bewahre, gar ein anderer aus der illustren Möchtegern-Glamour-Runde das imaginäre Rennen im großen Schwänzevergleich gemacht hätte.
Sodenn, Schuster, bleibe lieber bei Deinen Leisten. Und diesem Credo zufolge verglichen die braungebrutzelten Altherren-Proleten lieber nebst mitgebrachten auftoupierten Schnösel-Weibchen wie teuer die zuletzt eingekauften Segelschuhe für die neue gerade erstandene Luxus-Jacht waren, was der Sprit für dieses edle Wassergefährt wohl aktuell kosten würde, gefolgt von einem wüsten Beschwerden-Wut-Schwall über die Sauerei der Benzin-Preis-Erhöhung und der Feststellung, dass man sich bald gar nichts mehr würde leisten können! Nur um kurz darauf dann wieder weiter darüber zu sinnieren, dass zum baldigen Ehe-Jubiläum durchaus ein Hochkaräter als Geschenk für die Gattin eigentlich auch noch nicht genug des Guten wäre. Eine neue Küche, ein neuer windschnittiger Sportwagen und eine Reise auf die Azoren wären nun das mindeste was die Dame an der Seite ihres Ehegatten verdienen würde. Wahrscheinlich weil sie es schon so lange mit ihm aushielt, aber was weiß denn ich. Und nicht dass es als Überraschung gelten sollte, sie saß mit am Tisch und hatte natürlich vollstes Mitspracherecht. Ich wette, dass diese eben genannte kurze Aufführung noch nicht das Ende der Fahnenstange war, aber irgendwann konnte ich die Gespräche am Nachbartisch auch wieder ausblenden und mich auf mein fabelhaftes Buch konzentrieren. Die Protz-Gesellschaft nebenan konnte ich auch getrost sich selbst, ihren stetig gut gefüllten Weingläsern, dem allzeit vorhandenen Nachschub in Form von stets neu gereichten Weinflaschen, den beständig qualmenden Zigaretten und ihrem sich gegenseitig ausstechenden Wettbewerbseifern überlassen. Sie würden schon auch ohne mich herausfinden wer der dickste Fisch im Teich war.
So las ich noch ein Weilchen, trank meinen Cappuccino und erfreute mich an der Schönheit des Augenblicks. Ach ja, wenn er manchmal doch verweilen könnte.
Doch dann wurde ich jäh aus dieser inneren und äußeren Harmonie gerissen, und ich kann und will Euch nicht vorenthalten wie!
Als das Mittagsmahl an den Tisch meiner im-Schwanzvergleich-schwelgenden Möchtegern-Weltherrscher gebracht wurde musste ihnen zeitgleich auffallen, dass so ein prall gefüllter stinkender qualmender Aschenbecher nicht der beste Dinner-Begleiter war. Aber wohin mit dem schnell unliebsam gewordenen eben-noch-Freund? Richtig, ab auf den Nachbartisch! Und so ließ sich eine der brutzelbraunen, Tori-Burch-Ballerina-tragenden Glanz-und-Gloria-Schnepfen mit frisch frisierter Betontolle nicht lumpen und stellte mir flux den ausgiebig benutzten Aschenbecher auf meinen Tisch. Ohne ein Wort, einfach so, bums. Und weg war sie wieder. Wie dreist!!
Nachdem ich einige Atemübungen gemacht, noch ein paar Seiten in meinem Buch gelesen, meinen Cappuccino ausgetrunken und mich langsam wieder beruhigt hatte war ich jedoch bereit für meine Revanche. Denn das, liebe Freunde der überzogenen Selbstdarstellung, würde ich nicht auf mir sitzen lassen!
Und so trug es sich zu, dass ich aufstand, meine Sachen zusammenpackte und zum Bezahlen hineinging, allerdings nicht ohne den stinkenden Aschenbecher mitzunehmen. Diesen stellte ich mitten zwischen die ach so feinen Herrschaften und ihre mit Essen gefüllten Teller und verabschiedete mich mit den folgenden Worten: „Es war nett, dass sie das gerade bei mir abgestellt haben, aber nicht gerade höflich!“
Die pikierten „Ahs“ und „Ohs“ und nicht ernst gemeinten „Oooohhhh, Entschuldigung!“ ließ ich überraschend locker an mir abprallen und verließ nach dem Begleichen meiner Rechnung hocherhobenen Hauptes das Bistro.
So nicht. Und schon gar nicht mit mir. Die haben wohl einen Sonnenstich! Oder leiden an dieser schlimmen Krankheit Reichtumsverblödung. Oder sie haben mit dem Zuwachs an Geld immer mehr an Manieren verloren. Wahrscheinlich sind es auch einfach alle drei zusammen.
Ich für meinen Teil bin mittlerweile tatsächlich recht erheitert über diese Begebenheit und musste gerade doch ein wenig lachen als ich die Zeilen niedergeschrieben habe.
Und so bleibt mir an dieser Stelle nichts weiter zu sagen als das folgende: Wir sollten uns nicht alles gefallen lassen. Und wenn es uns möglich ist auch einfach mal zum Gegenschlag ausholen. Interessanterweise fühlt es sich, wenn vielleicht auch erst ein wenig später, überraschend gut an. In diesem Sinne: Have fun trying out what fits and feels best for you. It’s worth the risk. And it can be fun. Have a stunningly beautiful tuesday night, lovers! Enjoy everything you do with all your heart.
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