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Wisch und Weg beim Ugly-Men-Day

Kinder, in Zeiten in denen Schauspieler und Fernsehmoderator Jochen Schropp sich als schwul outet und Boris Becker sein Ehe-Aus mit Lilly bekannt gibt, ist es auch für mich an der Zeit die unverblümte Wahrheit zu sagen. An Tagen wie gestern an denen ich durchaus interessiert auf der Suche nach dem Mann fürs Leben durch die endlosen Weiten der Online-Dating-Portale gestreift bin, hatte ich nicht nur kein Glück, nein, gestern war es wieder einmal so weit: Im Internet war Ugly-Men-Day.

Ihr kennt diesen ominös anmutenden Tag nicht? Nun, dann seid Ihr entweder in einer Langzeitbeziehung oder Ihr habt Euch noch nie auf diesen mehr oder minder fulminanten Dating-Plattformen die Nase am Bildschirm plattgedrückt. Mit Glück vielleicht ja sogar beides.

Natürlich wäre es schöner ich könnte dieses vermaledeite Internet einfach links liegen lassen und mich anstatt dessen mit wehendem Haar in den Abendwind stellen und darauf hoffen, dass sämtliche relevanten Herren der Schöpfung von den von mir verströmten Pheromonen angelockt werden und ich mich vor freundlichen Angeboten auf einen gemeinsamen Drink kaum mehr retten kann. Aber wo passiert das außerhalb unserer liebsten Fernsehserien, allen voran „Sex and the City,“ denn schon noch? Also woher nehmen wenn nicht vorhanden? Da sollte man froh sein, dass es zumindest das Internet gibt, oder nicht?

Nun, an Tagen wie gestern bin ich nicht einmal mehr über das Internet froh. Denn was mir dort für Suppenkasper als Männer fürs Leben feil geboten wurden spottet jeder Beschreibung. Einer saß mit einer von Opa geklauten Bermudashorts auf einem Pferd und grinste gleichsam senil in die Kamera, wahrscheinlich hatte er auch gleich das Lächeln von Opa geklaut, der nächste trug eine Gasmaske, dafür aber kein Oberteil, der nächste wiederum hing wie ein nasser Sack vom abgetakelten Kreuzmast eines Segelschiffes, der nächste hatte sich glaube ich in der Alterssparte vertan und war mehr Greis als Jüngling, kann natürlich auch Absicht gewesen sein, kann natürlich auch der Opa zum Reitersburschen gewesen sein, gemeinsam stöbert sich's vielleicht leichter, der nächste wiederum suchte eigentlich nur vegane Nichtraucher um in der Umgebung einen Flohmarkt zu veranstalten, dementsprechend sah er auch aus, und der wiederum nächste versuchte meines Erachtens nur sein Buch zu promoten, das er gut lesbar in die Kamera hielt, untertitelt mit den Worten: „Bitte keine Pessimistinnen! Bitte keine misstrauischen Zicken! Ich führe ein sehr interessantes Leben und kann manchmal nicht direkt zurückschreiben!“ In der Zwischenzeit kauft doch schon mal mein Buch und fördert meinen Abverkauf.

Tja, Kinder, so sieht er aus, der Ugly-Men-Day. Versteht Ihr jetzt was ich meine? Verdammter Mist, wie soll das denn jemals was für mich werden? Also, ich meine, wie soll ich denn da bloß jemals an den Mann oder zumindest erst mal an ein vernünftiges Date kommen? Muss ich mich wirklich erst mit Opa’s Buxe auf den alten Klepper schwingen, mir eine gebrauchte Gasmaske aufsetzen oder Schweinebaumel vom Schiffsmast machen? Das kann doch auch nicht die Lösung sein. Und ich weigere mich schlichtweg nach solcherlei Strohhalmen zu greifen.

Also habe ich das einzig vernünftige getan: Ich war im Kino. Und habe mit Romy Schneider ganze „3 Tage in Quiberon“ verbracht. Ich habe mich also dem echten Leben gewidmet und das virtuelle Leben links liegen lassen. Und das kann ich jedem auch nur immer wieder empfehlen. Vor allem das Kino, denn das ist einfach ein fabelhafter Ort. Und „3 Tage in Quiberon“ hat nicht nur sämtliche renommierten Preise abgeräumt, sondern beeindruckt auch durch eine interessante Form der Schauspielkunst und lässt den Zuschauer alles was drum herum ist für eine Weile vergessen. Selbst diese gruseligen Dating-Plattform-Bilder von denen ich mir schon oft gewünscht habe ich hätte sie niemals sehen müssen. Aber das Leben fällt wohin es will. Und wenn die Traummann-irrelevanten Bilder vielleicht irgendwann mit dem Konterfei nach unten fallen, oder viel besser noch, mir erst gar nicht mehr angezeigt werden, dann habe auch ich die Möglichkeit das einmal erlebte abzustreifen und mit beschwingtem Blick nach vorne zu schauen. Und ich glaube, dann geht noch einiges. Und ich kann mich vor freundlichen Angeboten auf einen gemeinsamen Drink kaum mehr retten.

Vielleicht habe ich bei der morgen in Russland startenden WM mehr Glück. Nun, offensichtlich nicht in Russland, denn schließlich treibe ich an der Alster mein Unwesen, aber bei dem hoffentlich stattfinden Deutschland-Tor-Taumel muss doch live und in Farbe ziemlich viel möglich sein ohne dass ich durch vermeintlich vielsagende Bilder bereits im Vorwege abgeschreckt werden könnte. Und beim Knutschen nach fulminanten Siegen bleibt das Handy doch höchstwahrscheinlich eh in der Tasche. So können gar nicht erst neue unvorteilhafte Fotos entstehen. Und ich kann das Internet ums erneute Mal getrost links liegen lassen.

In diesem Sinne: Ich bleibe dran. Alles andere wäre doch auch viel zu schade. Have an outrageously beautiful Wednesday night lovers. Enjoy everything you do with your heart wide open.

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