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Große Flamme, nichts dahinter

Kinder, neulich schlenderte ich mit weniger wehendem Haar als es sonst für mich üblich ist über den Weihnachtsmarkt und ob ich wollte oder nicht, ich wollte nicht, aber manchmal hat man keine Wahl, kam ich nicht umhin Gesprächsfetzen zweier Männer an mein Ohr dringen zu lassen von denen der folgende Wortlaut sich in meine Erinnerung brannte: „Und ist die Position zur dritten die große Flamme?“ Zweifelsohne, wie ich schnell bemerkte, handelte es sich bei diesem munteren Herrengeplauder um zwei Kerle von denen zumindest der eine gleich mehrere Eisen im Feuer hatte. Aber drei, ich meine DREI!, gleichzeitig? Ist das jetzt Trend? Oder war das schon immer so? Und warum hat man(n) (frau eigentlich auch?) heutzutage eigentlich mehr als nur eine Flamme auf dem Herd, im Ofen, am Kamin und seit wann reicht EINE lodernde Flamme nicht mehr aus?
Diese Entwicklung, wenn es denn überhaupt eine Entwicklung ist, erinnert mich an einen meiner Lieblingsfilme aus den Neunzigern. „Workaholic“ mit Christiane Paul, Ralf Bauer und Tobias Moretti. Christiane Paul spielt in dem Film eine Frau die durch Zufall mehrere Männer nahezu zeitglich kennenlernt und sich nicht nur zu allen Männern hingezogen fühlt, sondern auch mit allen etwas anfängt. Natürlich hinterfragt sie ob das moralisch richtig ist und findet ihr Verhalten auch alles andere als angemessen. Aber dann kommt ihr eine Idee: Warum sollte sie nicht etwas mit drei Männern haben? Wenn sie es richtig anstellt kann sie davon sogar noch profitieren, und zwar folgendermaßen: Sie hätte einen fürs Bett, einen zum Reden und einen für die Karriere. Habe ich nie vergessen. Fand ich immer sehr verwegen und habe seither auch immer mal wieder überlegt ob und wie das auch in der filmfreien Realität umsetzbar wäre.
Die Männer auf dem Weihnachtsmarkt schienen ob der Tatsache, dass einer der beiden gerade drei Positionen zu besetzen hat tiefenentspannt. Warum auch nicht, vielleicht ist das der Schlüssel zum Glück? So gut es auch klingt, ich kann es mir schwer vorstellen. Abgesehen davon finde ich es auch sehr vermessen drei Damen gleichzeitig in dem Glauben zu lassen, sie seien die Eine. Die GROSSE Flamme. Ohne zu wissen, dass sie für den Herren gerade lediglich eine bestimmte Position besetzen, er im wahrsten Sinne des Wortes mehrere Eisen im Feuer hat und sich weder festlegen kann noch will. Ist ja auch zu herrlich! Will die eine mal nicht, oder nicht das was er will, so gibt es immer noch Position zwei und drei. So bleibt alles wunderbar offen und unverfänglich und wenn etwas mit einer der Damen nicht passt macht es die Dame auf der nächsten Position passend.
Warum verbindlich werden wenn es unverbindlich so viel unverfänglicher ist, gar (scheinbar) so viel mehr Spaß macht?
Und ist das nun eine Unvermögenheit sich nicht für eine einzige Person zu entscheiden? Oder eine Unverschämtheit? Naja, letzteres wahrscheinlich nur dann wenn die Damen nicht voneinander wissen und er allen drei Flämmchen große Liebesschwüre vorgaukelt.
Vielleicht schwappt aber auch hier nach Halloween, Thanksgiving und dem Valentinstag erneut ein amerikanischer Trend zu uns herüber: Dating. Denn Dating allein, Gott bewahre, heißt noch lange nicht dass man zusammen ist. In amerikanischen Filmen heißt es oft so schön: „Are you seeing anyone special at the moment?“ Und die Antwort lautet gerne: „I’m seeing a few, but no one really special right now.“ Sehen gleich treffen, und treffen kann man bekanntlich viele. Lockeres Dating eben, nichts Halbes und nichts Ganzes, und dann guckt man mal wohin das führen kann. Viellicht. Vielleicht auch nicht. Je nachdem ob man überhaupt Lust auf etwas Ernstes hat. Das jedoch, so finde ich, sollte zumindest zu Beginn einer aufkeimenden Liaison, einer Abfolge von mehreren Treffen, wenn Date auf Date auf Date folgt, geklärt werden. Denn wenn der eine nur Spaß sucht, die andere sich aber verlieben möchte, so sitzen die beiden nicht am gleichen Lagerfeuer und während die eine sich vor übersprühenden Funken raum retten kann, so sitzt der andere vor einer verglasten Kaminwand und kann somit, denn er will scheinbar auch gar nicht, von keinerlei Funken getroffen werden.
So oder so, ich komme immer noch nicht drüber hinweg: „Und ist die Position zur dritten die große Flamme?“ Wie kann man den so über eine Frau reden? Echt jetzt. Glühwein hin oder her, ich finde das diskriminierend und kann nur hoffen, dass keine der Damen je hören muss wie über sie gesprochen wird.
Bei näherem Nachfühlen denke ich, dass es sich hierbei sehr wohl um einen herüberschwappenden amerikanischen Trend handelt, denn kürzlich musste ich ein weiteres, überaus fragwürdiges Dumme-Jüngelchen-Gespräch mitanhören, dass ich ebenfalls gerne überhört hätte. Iwan: „Und was geht heute Abend?“ – Mütze: „Kuscheln mit Vanessa.“ – „Ach so? Wohnt sie noch hier auf der Ecke?“ – „Nee, die ist umgezogen. Derbe geile Wohnung. Der Hammer!“ – „Cool!“ – „Ja, vorher gehen wir noch essen.“ – „Wo geht Ihr hin?“ – „In irgend so ‘nen neuen Burger-Laden. Ich hoffe, sie bezahlt.“ – „Welcher denn?“ – „Keine Ahnung. Irgend so ‘n neuer Laden halt.“ – „Ah, ok. Die sprießen auch echt wie Pilze aus dem Boden!“ – „Ja, total nervig.“ – „Ja, echt. Kommst Du da denn einfach so rein, oder musst Du reservieren?“ – „Ich komm’ da so rein, da mach’ ich mir keinen Stress. Ich kenn’ doch Annika, die ruf’ ich kurz an, das klappt dann schon.“ – Ach so, cool.“ – „Easy.“ – „Und was ist mit Deiner Perle?“ – „Die hab ich trotzdem.“ – „Äh, wie? Und trotzdem kuscheln mit Vanessa?“ – „Klar, kuscheln ist ja ok. Die Wohnung müsstest Du echt mal sehen! Der Hammer, echt! Letzte Woche haben wir grad erst wieder stumpf in der Fotobox rumgemacht, total verrückt, einfach stumpf in der Fotobox rumgemacht. Total bescheuert und verrückt sag ich Dir!“ – „Äh, und Deine Perle?“ – „Die weiß davon ja nix. Außerdem ist das ja auch was ganz anderes.“ – „Ach so.“ – „Klar, Mann! Und was geht bei Dir heute Abend?“
Amerikanischer Trend, armselig oder einfach nur die Fortführung des Neunziger-Jahre-Klassikers „Workaholic:“ Eine fürs Bett, eine zum Reden und eine für die Karriere (oder als Türöffner für angesagte (?) Restaurants).
Ist das geschickt und listig oder ist das vielleicht unsere Zukunft? Es gibt zwar auch diese sagenumwobene Frau oder diesen sageumwobenen Mann für alle Fälle (und einen Film gab es dazu glaube ich auch mal), aber vielleicht gestaltet sich die Suche für viele ja so schwierig, dass man (frau auch?) lieber mehrere Eisen schürt als alleine am Kachelofen zu sitzen.
Ich finde es auch weiterhin fragwürdig und ein Stück weit verachtend, gerade eben beschriebene Geschichte finde ich vor allem eins: bescheuert!, aber was weiß ich schon? Vielleicht nicht genug um zu wissen, dass eine/einer manchmal nicht genug sein kann, weil man/frau sich mehr wünscht als das was ein einzelner Mensch bieten kann. Und vielleicht, vielleicht ist das auch ok so. Vielleicht geht es mich auch nichts an. Vielleicht muss das jede/r für sich wissen und herausfinden. Und vielleicht, vielleicht, muss es manchmal auch keinen Sinn machen, nämlich dann, wenn es sich gut anfühlt. Und das können mit Sicherheit nur die Beteiligten wissen und keine Außenstehenden wie in diesen Fällen ich. Also konzentriere ich mich wieder auf meine eigenen Abenteuer. Und fange mal an zu schauen wo ich einen fürs Bett, einen zum Reden und einen für die Karriere finden kann.
Ich bin jetzt schon furchtbar gespannt wo meine Abenteuerreise mich hinführt. You never know what happens next. In diesem Sinne: Make sure to believe that everything is possible. Even though you might get lost along the way. Have a beautiful tuesday, lovers! Enjoy.

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