Kinder, ich frage es offen und gerade heraus und wirklich ganz im Ernst: wann ist Nichtstun eigentlich aus der Mode gekommen?
Wenn man heutzutage mal einen Abend lang nichts und zwar absolut gar nichts vorhat, dann fühlt es sich oft so an als müsse man sich zu Hause auf dem Sofa unter den Kissen verstecken als es sich mit leckerem Essen, Serien und Kuscheldecke gemütlich zu machen. Und nun stelle man sich nur einmal vor, dass es hintereinander gar zu mehreren solcher Abende kommen könnte! Und auf Nachfrage von Außenstehenden was man die letzten Tage gemacht habe müsste man am Ende der Woche tatsächlich antworten: „Gar nichts.“ Uiuiuiuiuiuiui, nicht auszudenken was das in den Augen der anderen bedeuten würde. Denn Nichtstun ist doch in Zeiten des ständigen Entertainment-Programms etwas das absolut out ist. Etwas was nicht einmal hinter vorgehaltener Hand und im Flüsterton weitergetragen werden darf. Etwas, was man eigentlich gar nicht erst erzählen dürfte.
Auf die Frage was wir die Woche über gemacht haben, müssten wir laut heutigem Standard sicherlich folgendes antworten: „Montag war ich mit ehemaligen Kollegen in unserem damaligen Stammlokal essen, Dienstag war ich mit Freundinnen nach dem Yoga noch was trinken, Mittwoch war ich beim Segelkurs und anschließend noch im Fitness-Studio, Donnerstag war ich beim Afterwork-Get-Together mit Finger Food in der neuen Szenebar, Freitag hatte ich ein Date, Samstag war ich mit Freunden im Kino, anschließend Tapas essen und dann bis um sechs Uhr morgens auf dem Kiez tanzen, anschließend war ich noch mit dem süßen Typen aus dem Club bis zum Sonnenaufgang auf dem Fischmarkt, Sonntag war ich erst beim Pilates und dann in der Sauna und morgen nach der Arbeit bin ich schon wieder mit einer guten alten Freundin zum Kaffeetrinken verabredet. Alter, ich bin ja so busy!!“ Und eigentlich gehe ich davon aus, dass das an Aktivitäten noch immer nicht ausreicht um von einem AUSGEFÜLLTEN Leben zu sprechen, es gibt ja so vieles was allein in dieser Woche noch immer nicht stattgefunden hat. Wohin mit all den Dingen die keinen Platz hatten, wann sollen wir all die anderen hippen geilen Sachen machen, für die in der letzten Woche keine Zeit war?
Busy busy busy. Wir sind ja alle so busy. Aber ich bin mir manchmal gar nicht so sicher, ob wir auch alle so busy sein wollen. Oder ob uns das Leben mit all seinen bunten und wilden Angeboten nicht irgendwie diese vielleicht unausgesprochene aber nicht weniger dringliche und alles überlagernde Botschaft vermittelt: wir müssen so busy sein. Sonst könnten wir etwas verpassen. Oder schlimmer noch: sonst verpassen wir etwas. Denn mit all den Chancen, Eventualitäten, Aussichten, Hoffnungen, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten wäre es doch nahezu grob fahrlässig wenn nicht gar fatal, wenn wir uns auch nur eine der vielen Gelegenheiten entgehen lassen würden, die uns das Leben bietet. Das suggeriert uns die Werbung, die uns nicht nur im Fernsehen sondern auch an jeder Straßenecke auflauert und versucht uns davon zu überzeugen, dass wir aus jedem Tag, jedem Moment, jeder Stunde, jedem Atemzug und jeder Versuchung etwas Außergewöhnliches machen müssen, weil wir sonst Gefahr laufen unser Leben nicht bis aufs Äußerste auszukosten. Und, und Kinder, diese Frage geht uns alle an, darum stelle ich sie auch laut und deutlich: wo kämen wir denn da hin, wenn wir unser Leben nicht vollends auskosten würden?
Allein beim Schreiben dieses Artikels komme ich in Atemnot, und das obwohl ich gerade sogar etwas tue, das mein Leben ausfüllt, ja, sogar etwas das mein Leben erfüllt. Doch im gleichen Moment höre ich die kritische kleine aber nicht minder laute Stimme in meinem Kopf rufen: „Aber das reicht doch trotzdem noch immer nicht aus!“
Nun gilt es aber tätsächlich zu ermitteln wem wir eigentlich beweisen müssen, dass wir auch wirklich genug unternehmen, genug machen, uns genug um ein für uns stimmiges Leben bemühen, oft genug ausgehen, oft genug laut und wild und lustig sind, oft genug Schabernack treiben und oft genug den Verlockungen unserer Umgebung in all seiner Herrlichkeit erliegen, die unser Dasein in gewisser Weise natürlich auch absolut lebenswert machen? Ich denke es ist sicherlich schwierig diese Frage eindeutig zu beantworten. Weil wir alle, ob wir wollen oder nicht, auch irgendwie vor anderen nicht als jemand dastehen wollen, der nichts zu erzählen, nichts mitzuteilen, nichts Neues zu berichten hat. Und weil es einfach so viel zu erleben, zu unternehmen und auszuprobieren gibt, dass man auch manche Dinge selbst einmal gesehen, erfahren und gespürt haben muss anstatt immer nur (von anderen) davon zu hören oder darüber zu lesen oder im Dunkeln darüber zu munkeln.
Dennoch darf und sollte, muss es gar Zeiten geben, in denen wir mit unseren Geschichten und Erlebnissen niemanden beeindrucken müssen und in denen es absolut in Ordnung ist wirklich einmal NICHTS ZU TUN. Es heißt dann ja nicht sofort, dass wir ab diesem Zeitpunkt und mit sofortiger Wirkung nie mehr auch nur irgendetwas unternehmen werden. Aber es darf und sollte, nein, es MUSS möglich sein, dass wir uns auch ohne schlechtes Gewissen auf die Kissen werfen und uns nicht im gleichen Moment meinen verstecken zu müssen, weil wir zu Hause bleiben und nicht draußen sind um das Leben bis auf das vermeintlich Äußerste auszukosten. Denn im Endeffekt entscheiden wir doch immer noch selber was uns gut tut. Und wenn das auch einfach mal am laufenden Band Nichtstun ist, dann wird das seinen Sinn und seine Berechtigung haben und wir brauchen uns nicht mit schlechtem Gewissen um eine Antwort auf die Frage winden: Und, was hast Du diese Woche gemacht?
Ganz im Gegenteil, wir haben vielleicht viel besser für uns gesorgt als mit tausenderlei Aktionen und Unternehmungen, die letztendlich gar nicht den Effekt hatten, den wir uns momentan am meisten für uns selbst wünschen und den wir gerade am besten genießen können.
In diesem Sinne: hang lose, lovers. Alles im Leben hat seine Zeit. Und alles hat seine Berechtigung. Ich wünsche Euch einen fabelhaften Mittwochabend. Enjoy.
Wenn man heutzutage mal einen Abend lang nichts und zwar absolut gar nichts vorhat, dann fühlt es sich oft so an als müsse man sich zu Hause auf dem Sofa unter den Kissen verstecken als es sich mit leckerem Essen, Serien und Kuscheldecke gemütlich zu machen. Und nun stelle man sich nur einmal vor, dass es hintereinander gar zu mehreren solcher Abende kommen könnte! Und auf Nachfrage von Außenstehenden was man die letzten Tage gemacht habe müsste man am Ende der Woche tatsächlich antworten: „Gar nichts.“ Uiuiuiuiuiuiui, nicht auszudenken was das in den Augen der anderen bedeuten würde. Denn Nichtstun ist doch in Zeiten des ständigen Entertainment-Programms etwas das absolut out ist. Etwas was nicht einmal hinter vorgehaltener Hand und im Flüsterton weitergetragen werden darf. Etwas, was man eigentlich gar nicht erst erzählen dürfte.
Auf die Frage was wir die Woche über gemacht haben, müssten wir laut heutigem Standard sicherlich folgendes antworten: „Montag war ich mit ehemaligen Kollegen in unserem damaligen Stammlokal essen, Dienstag war ich mit Freundinnen nach dem Yoga noch was trinken, Mittwoch war ich beim Segelkurs und anschließend noch im Fitness-Studio, Donnerstag war ich beim Afterwork-Get-Together mit Finger Food in der neuen Szenebar, Freitag hatte ich ein Date, Samstag war ich mit Freunden im Kino, anschließend Tapas essen und dann bis um sechs Uhr morgens auf dem Kiez tanzen, anschließend war ich noch mit dem süßen Typen aus dem Club bis zum Sonnenaufgang auf dem Fischmarkt, Sonntag war ich erst beim Pilates und dann in der Sauna und morgen nach der Arbeit bin ich schon wieder mit einer guten alten Freundin zum Kaffeetrinken verabredet. Alter, ich bin ja so busy!!“ Und eigentlich gehe ich davon aus, dass das an Aktivitäten noch immer nicht ausreicht um von einem AUSGEFÜLLTEN Leben zu sprechen, es gibt ja so vieles was allein in dieser Woche noch immer nicht stattgefunden hat. Wohin mit all den Dingen die keinen Platz hatten, wann sollen wir all die anderen hippen geilen Sachen machen, für die in der letzten Woche keine Zeit war?
Busy busy busy. Wir sind ja alle so busy. Aber ich bin mir manchmal gar nicht so sicher, ob wir auch alle so busy sein wollen. Oder ob uns das Leben mit all seinen bunten und wilden Angeboten nicht irgendwie diese vielleicht unausgesprochene aber nicht weniger dringliche und alles überlagernde Botschaft vermittelt: wir müssen so busy sein. Sonst könnten wir etwas verpassen. Oder schlimmer noch: sonst verpassen wir etwas. Denn mit all den Chancen, Eventualitäten, Aussichten, Hoffnungen, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten wäre es doch nahezu grob fahrlässig wenn nicht gar fatal, wenn wir uns auch nur eine der vielen Gelegenheiten entgehen lassen würden, die uns das Leben bietet. Das suggeriert uns die Werbung, die uns nicht nur im Fernsehen sondern auch an jeder Straßenecke auflauert und versucht uns davon zu überzeugen, dass wir aus jedem Tag, jedem Moment, jeder Stunde, jedem Atemzug und jeder Versuchung etwas Außergewöhnliches machen müssen, weil wir sonst Gefahr laufen unser Leben nicht bis aufs Äußerste auszukosten. Und, und Kinder, diese Frage geht uns alle an, darum stelle ich sie auch laut und deutlich: wo kämen wir denn da hin, wenn wir unser Leben nicht vollends auskosten würden?
Allein beim Schreiben dieses Artikels komme ich in Atemnot, und das obwohl ich gerade sogar etwas tue, das mein Leben ausfüllt, ja, sogar etwas das mein Leben erfüllt. Doch im gleichen Moment höre ich die kritische kleine aber nicht minder laute Stimme in meinem Kopf rufen: „Aber das reicht doch trotzdem noch immer nicht aus!“
Nun gilt es aber tätsächlich zu ermitteln wem wir eigentlich beweisen müssen, dass wir auch wirklich genug unternehmen, genug machen, uns genug um ein für uns stimmiges Leben bemühen, oft genug ausgehen, oft genug laut und wild und lustig sind, oft genug Schabernack treiben und oft genug den Verlockungen unserer Umgebung in all seiner Herrlichkeit erliegen, die unser Dasein in gewisser Weise natürlich auch absolut lebenswert machen? Ich denke es ist sicherlich schwierig diese Frage eindeutig zu beantworten. Weil wir alle, ob wir wollen oder nicht, auch irgendwie vor anderen nicht als jemand dastehen wollen, der nichts zu erzählen, nichts mitzuteilen, nichts Neues zu berichten hat. Und weil es einfach so viel zu erleben, zu unternehmen und auszuprobieren gibt, dass man auch manche Dinge selbst einmal gesehen, erfahren und gespürt haben muss anstatt immer nur (von anderen) davon zu hören oder darüber zu lesen oder im Dunkeln darüber zu munkeln.
Dennoch darf und sollte, muss es gar Zeiten geben, in denen wir mit unseren Geschichten und Erlebnissen niemanden beeindrucken müssen und in denen es absolut in Ordnung ist wirklich einmal NICHTS ZU TUN. Es heißt dann ja nicht sofort, dass wir ab diesem Zeitpunkt und mit sofortiger Wirkung nie mehr auch nur irgendetwas unternehmen werden. Aber es darf und sollte, nein, es MUSS möglich sein, dass wir uns auch ohne schlechtes Gewissen auf die Kissen werfen und uns nicht im gleichen Moment meinen verstecken zu müssen, weil wir zu Hause bleiben und nicht draußen sind um das Leben bis auf das vermeintlich Äußerste auszukosten. Denn im Endeffekt entscheiden wir doch immer noch selber was uns gut tut. Und wenn das auch einfach mal am laufenden Band Nichtstun ist, dann wird das seinen Sinn und seine Berechtigung haben und wir brauchen uns nicht mit schlechtem Gewissen um eine Antwort auf die Frage winden: Und, was hast Du diese Woche gemacht?
Ganz im Gegenteil, wir haben vielleicht viel besser für uns gesorgt als mit tausenderlei Aktionen und Unternehmungen, die letztendlich gar nicht den Effekt hatten, den wir uns momentan am meisten für uns selbst wünschen und den wir gerade am besten genießen können.
In diesem Sinne: hang lose, lovers. Alles im Leben hat seine Zeit. Und alles hat seine Berechtigung. Ich wünsche Euch einen fabelhaften Mittwochabend. Enjoy.
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