Neulich im Bistro. Kinder, Ihr wisst es, meine Augen und Ohren sind
überall, und das tatsächlich ohne es zu wollen. Hochsensible Menschen
wie ich reagieren stärker als der Durchschnitt auf Reize, wir nehmen sie
nicht nur umfassender wahr, wir verarbeiten sie auch viel
detaillierter. Die Wissenschaft versucht Hochsensibilität wie folgt zu
erklären: Es werden mehr Reize als „wichtig“ eingestuft und somit
erreichen auch viel mehr Reize das Bewusstsein. Die Sinnesorgane nehmen
zwar durchschnittlich nicht mehr Informationen auf, dafür werden aber
weniger Sinneseindrücke aus der Wahrnehmung herausgefiltert. Reize
werden tiefer, intensiver und detaillierter wahrgenommen und
gespeichert. Kurz gesagt: ich habe keinen eingebauten Trichter, keinen
Schutzdamm, und so prasseln ungefiltert alle möglichen Eindrücke
ungewollt auf mich ein. Dieser nicht vorhandene Mechanismus sorgt dafür,
dass ich nicht nur bewusst, sondern auch unbewusst sehr viel deutlicher
erlebe, was um mich herum passiert.
Neulich im Bistro also. Am Nebentisch kalauern drei vom Rosé beschwipste Männer mit gut gefüllten Brieftaschen im fortgeschrittenen Alter einen schlechten Witz nach dem nächsten. Haha. Ich gehe davon aus, dass sie sich mit dem ein oder anderen Scheinchen durchaus schon mal das vermeintliche Recht auf schlechte Scherze erkauft haben. Und sicher auch mehr als das. Die Kellnerin tritt an den Tisch und fragt die Herren, ob sie noch etwas wünschen. Diese sind ganz erbost, dass die Kellnerin zu ihnen kommt. Denn, so wurde es doch scheinbar schon bei der Abgabe der Garderobe geklärt und nun muss es einer der drei noch mal laut genug aussprechen: "Ich steh' auf Männer." - "Ach," antwortet sie ungerüht, "das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen." Sprichts und im selben Augenblick kommt der Kellner, bei dessen Anblick jedem klar ist, dass er auch auf Männer steht, mit der nächsten Flasche Wein an den Tisch geeilt. Die letzten Worte hat er scheinbar noch aufgeschnappt, dennoch scheint es ihm unangenehm zu sein, mit dieser Horde gutsituierter wenngleich unmanierlicher Brüllaffen und deren eindeutiger Vorliebe konfrontiert zu werden. (Es gibt eben noch Menschen die für Trinkgeld nicht alles tun.) Leicht verlegen spricht er an der Herrenrunde vorbei Richtung Rosé: "Männer? Wo sind hier Männer?" - "Ja, wieso? Jetzt bist Du doch endlich bei uns am Tisch!" - "Setz' Dich doch gleich mal dazu!" - "Wir brauchen noch ein viertes Glas!" rufen die begeisterten Hupfdohlen ob der frischen Beute aufgeregt durcheinander. Der Arme hat nicht wirklich die Möglichkeit auf die mit-sechs-Augen-verschlingende Einladung zu reagieren, versucht sich aber charmant zu retten indem er offen und ehrlich das Offensichtliche ausspricht: "Das geht leider nicht. Ich muss hier arbeiten." Das lassen die Beutegeier natürlich nicht auf sich sitzen, da sich das Jüngelchen in deren Augen doch tatsächlich erdreistet hat, deren einschmeichelndes Angebot auszuschlagen. Und was machen Männer, deren Wille nicht Gesetz ist? Sie werden garstig: "Junge, pass besser auf. Sonst kannst Du gleich wieder zurück zu McDonalds in die Küche!" Da bleibt selbst mir das Brot im Halse stecken. Wie würdelos diese ungalanten Schwipsbären sich verhalten fällt ihnen hoffentlich wenigstens im Nachhinein auf, aber darauf würde ich momentan nicht setzen. Als ich das Bistro verlasse, sind die drei bereits bei der nächsten Flasche Wein und der Kellner ist noch immer im Dienst. Ich hoffe, er hat sich an dem Tag nicht noch mehr bieten lassen und die dekadenten Vollpfosten verirren sich nie wieder in das Lokal. An dieser Stelle bleibt mir nur noch Kurt Tucholsky zu zitieren: "Denn mit dem Stil ist das wie mit so vielen Dingen: man hat ihn, oder man hat ihn nicht."
Have a fabulous wednesday night, lovers. Enjoy and stay classy always.
Neulich im Bistro also. Am Nebentisch kalauern drei vom Rosé beschwipste Männer mit gut gefüllten Brieftaschen im fortgeschrittenen Alter einen schlechten Witz nach dem nächsten. Haha. Ich gehe davon aus, dass sie sich mit dem ein oder anderen Scheinchen durchaus schon mal das vermeintliche Recht auf schlechte Scherze erkauft haben. Und sicher auch mehr als das. Die Kellnerin tritt an den Tisch und fragt die Herren, ob sie noch etwas wünschen. Diese sind ganz erbost, dass die Kellnerin zu ihnen kommt. Denn, so wurde es doch scheinbar schon bei der Abgabe der Garderobe geklärt und nun muss es einer der drei noch mal laut genug aussprechen: "Ich steh' auf Männer." - "Ach," antwortet sie ungerüht, "das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen." Sprichts und im selben Augenblick kommt der Kellner, bei dessen Anblick jedem klar ist, dass er auch auf Männer steht, mit der nächsten Flasche Wein an den Tisch geeilt. Die letzten Worte hat er scheinbar noch aufgeschnappt, dennoch scheint es ihm unangenehm zu sein, mit dieser Horde gutsituierter wenngleich unmanierlicher Brüllaffen und deren eindeutiger Vorliebe konfrontiert zu werden. (Es gibt eben noch Menschen die für Trinkgeld nicht alles tun.) Leicht verlegen spricht er an der Herrenrunde vorbei Richtung Rosé: "Männer? Wo sind hier Männer?" - "Ja, wieso? Jetzt bist Du doch endlich bei uns am Tisch!" - "Setz' Dich doch gleich mal dazu!" - "Wir brauchen noch ein viertes Glas!" rufen die begeisterten Hupfdohlen ob der frischen Beute aufgeregt durcheinander. Der Arme hat nicht wirklich die Möglichkeit auf die mit-sechs-Augen-verschlingende Einladung zu reagieren, versucht sich aber charmant zu retten indem er offen und ehrlich das Offensichtliche ausspricht: "Das geht leider nicht. Ich muss hier arbeiten." Das lassen die Beutegeier natürlich nicht auf sich sitzen, da sich das Jüngelchen in deren Augen doch tatsächlich erdreistet hat, deren einschmeichelndes Angebot auszuschlagen. Und was machen Männer, deren Wille nicht Gesetz ist? Sie werden garstig: "Junge, pass besser auf. Sonst kannst Du gleich wieder zurück zu McDonalds in die Küche!" Da bleibt selbst mir das Brot im Halse stecken. Wie würdelos diese ungalanten Schwipsbären sich verhalten fällt ihnen hoffentlich wenigstens im Nachhinein auf, aber darauf würde ich momentan nicht setzen. Als ich das Bistro verlasse, sind die drei bereits bei der nächsten Flasche Wein und der Kellner ist noch immer im Dienst. Ich hoffe, er hat sich an dem Tag nicht noch mehr bieten lassen und die dekadenten Vollpfosten verirren sich nie wieder in das Lokal. An dieser Stelle bleibt mir nur noch Kurt Tucholsky zu zitieren: "Denn mit dem Stil ist das wie mit so vielen Dingen: man hat ihn, oder man hat ihn nicht."
Have a fabulous wednesday night, lovers. Enjoy and stay classy always.
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