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Schwule Mädchen auf dem Golfplatz

Kinder, was habe ich denn da für tolle Neuigkeiten aus Windsor gehört! Nachdem sein großer Bruder Prinz William vor sieben Jahren vorangeschritten ist hat sich nun auch Prinz Harry in den Stand der Ehe begeben. Aber während Herzogin Katherine nach der Geburt ihres dritten Kindes Prinz Louis weitere sechs Monate royale Babypause hat muss Meghan Markle ab heute Unterricht in der königlichen Benimmschule nehmen. So ist das in England. Was nicht ist das muss noch werden und was nicht sein darf das wird auch nicht sein. Sodenn frage ich mich was wohl die Queen zu meiner heutigen Mittagstisch-Geschichte sagen würde und ob sie amused wäre wenn ich ihr davon erzählte oder vielleicht doch eher verschämt in die andere Richtung schauen und nach ihren Corgis rufen würde. Ich werde es vielleicht nie erfahren. Aber ich kann ja schon mal üben und möchte Euch nun berichten was sich jüngst im beschaulichen Winterhude zugetragen hat. Wohlan!

Zur Mittagsstunde im Bistro trifft man oftmals genau all diejenigen auf die man gut und gerne verzichten könnte. Aber nicht umsonst ist dies ein freies Land und man muss sich hin und wieder mit unschönen Widrigkeiten abgeben die man gerne vermeiden würde. So auch wie an besagtem Tage als sich am Nebentisch eine egozentrische, wettergegerbte, schlohweiße, Zigarrenrauchende, bonbonfarben-Klamotten-und-Einstecktuch-tragende Sondereinheit formierte denen zweifelsohne die Welt, wenn nicht gleich auch noch das ganze Universum gehörte. Warum auch kleine Brötchen backen, wenn man sich ganze Brote backen und liefern lassen kann. Also wirklich!

Wären die gutbetuchten Herren 60 Jahre jünger gewesen, so wäre schnell klar geworden was diese Runde im Sinn hat: Ärger. Nichts als Ärger. Aber im Alter verkauft man Dinge ja mitunter ein wenig anders um nicht Gefahr zu laufen allzu schnell negativ aufzufallen beziehungsweise schon beim ersten Atemzug enttarnt zu werden.

Wie Ihr jedoch bereits wisst, kann man mir so schnell kein X für ein U vormachen. Ich roch die Tarnung auch durch die nebulösen Zigarrenqualm-Verhüllungen hunderttausend Meter gegen den Wind. Aber wem erzähle ich das. Sherlock Holmes müsste sehr früh aufstehen um in den Wettstreit mit mir treten zu können.

An besagtem Nachbartisch herrschte eine Eloquenz die ihresgleichen suchte. Das kann man natürlich gut und gerne leichthin behaupten, und so möchte ich Euch eine kleine Kostprobe nicht vorenthalten. Einer der Tischherren, gekleidet in hellrosa und lindgrün, schwadronierte munter drauflos: „Wenn’s mir gut geht gehe ich auf den Golfplatz. Und wenn mir langweilig ist, gehe ich auch auf den Golfplatz.“ Ein weiterer Tischherr, gekleidet in babyblau und dottergelb, entgegnete kurzzeitig irritiert: „Und wie unterscheidest Du dann Deine Gemütslage?“ Darauf wieder der Tischherr in hellrosa und lindgrün, die Irritation schnellstmöglich unterbindend: „Gar nicht. Hauptsache ich bin auf dem Golfplatz.“ Ja, was soll man da noch sagen? Auch mir fällt rein gar nichts dazu ein.

Nicht genug, dass die Altherrenbande deren Schädel in der Sonnenglut auf dem Golfplatz in dramatische Mitleidenschaft gezogen wurden mich mit ungeschickter List vom Lesen abzuhalten versuchte. Nein! Auf einmal wurde ich auch noch von einem hektisch heranpreschendem Gast in meiner Lektüre gestört: „Hallo ist hier noch frei darf ich danke.“ Ohne Punkt und Komma, ohne die Antwort abzuwarten. Ist ja vielleicht jetzt Trend und ich hab’s nicht mitbekommen. Zu dumm. Aber ich wusste schließlich auch noch nichts von der Farblehre der deutschen Elitegolfriege.

Sodenn lächelte ich höflichst möglich und entgegnete nichts, schließlich musste ich irgendwie versuchen mich der örtlich geltenden Etikette anzupassen. Was Meghan Markle noch lernen muss, beherrsche ich allein durchs Zuschauen aus dem FF.

Doch hatte ich meine Rechnung mit der Hoffnung auf nun endlich ungestörten Lesegenuss ohne die feudalen Wirte des Rasenspiels gemacht. Denn diese schwebten wie Geier über verwesendem Tier in der Wüste und fingen derweil an sich über meinen dazugewonnenen Sitznachbarn zu amüsieren indem sie ihm nicht ganz standesgemäße Begrüßungsfloskeln über die Tischdecke zuwarfen. Schnell wurde deutlich, dass mein Tischherr auch ohne die gleiche auffällige Kleidung wie die Grüngrasbande zu tragen derjenige unter den Pastorentöchtern war, der nach dem Golfspiel mit dem Caddie die Schläger verstaut. Oder in anderen Worten: Wenn die Macher von „Will und Grace“ noch einen Jack gesucht hätten, an meinem Tisch hätten sie die Idealbesetzung gefunden. Was nun auch das vorherige Heranstürmen und die nicht abgewartete Antwort umso deutlicher erklärte.

Da es noch einen Gott, oder in diesem Fall einen Höllenentfacher gibt, kam es nur kurze Zeit nachdem die Habichte sich endlich ein wenig beruhigt hatten, zu einem wahren Großereignis! Denn da brauste er doch tatsächlich vorbei, der Ecki, kein geringerer als der Freund, ja, der feste Freund!, vom Jäcki. Und das wussten die sonnenverbrannten Bundfaltenhosenträger, sapperlot noch eins! Auf dem Rad kam der fesche Bursche nichtsahned daher gefahren und wurde durch das nun wieder aufbrausende wilde Gejohle der in die Jahre gekommenen Golferelite lautstark darauf aufmerksam gemacht, dass sein Freund, der Jäcki, gerade beim Mittagessen saß. „Jäcki, guck’ mal, wer da ist! Der Ecki! Uuhh, Bussi, Bussi!!“

Und dann, Kinder, ja, dann kam es, das Unausweichliche, und verschlug der knackbraunen, verschrobenen, Schläger wedelnden Rasensportgruppe nicht etwa den Atem, nein, wo kämen wir denn da hin! Beim zärtlichen Lippenbekenntnis zwischen Ecki und Jäcki wurde gejohlt und gepfiffen als ob die Eintracht Frankfurt nicht nur Deutscher Pokalsieger sondern gleichzeitig auch Deutscher Meister geworden ist. Himmel hilf! Um welche Uhrzeit hatten die denn mit dem Saufen angefangen?

Nachdem Ecki kurz darauf von dannen gebraust war, entschuldigte Jäcki sich bei mir mit einem merkbaren Anflug von Hochnäsigkeit, musste er nun doch noch mal das Gespräch ans gemeine Volk richten, für das nervenaufreibende Geschrei der tadelhaften Trinkspielgewinner: „Die waren schon immer ziemlich anstrengend.“ Und verkniff sich nicht hinzuzufügen: „Ich habe halt noch Sex, die golfen bereits seit Jahren. Da kann man schon mal neidisch werden.“

Daraufhin trank Jäcki seinen Espresso aus, wünschte mir einen schönen Nachmittag und verabschiedete sich mit herablassender Eloquenz von der sexlosen Pastellfarbeneinheit mit den Worten: „Tschüss, Mädels.“

Besser hätte selbst ich es nicht sagen können.

Was also können wir von Jäcki und den Golfern lernen? Vielleicht ist es gar nicht so furchtbar viel, und vielleicht muss es auch gar nicht immer so furchtbar viel sein. In jedem Fall wird deutlich, dass Neid keinesfalls attraktiv macht. Später werden die alten angetrunkenen Herren auf dem Green stehen ohne genau zu wissen wie sie dorthin gekommen sind, aber „Hauptsache ich bin auf dem Golfplatz,“ während Ecki und Jäcki sich bei IKEA durch die Bettenabteilung vögeln. Jedem den Spaß der ihn erheitert. Allerdings geht es auch immer um Leben und Leben lassen, und in diesem Fall können die abgehalfterten Stollenschuhträger sich von Jäcki durchaus noch was abgucken. Und von seiner hochnäsig-herablassenden Fähigkeit im Umgang mit den widrigen Umständen des Lebens bin sicherlich ich diejenige die sich noch etwas von Jäcki abgucken kann.

In diesem Sinne: Ich hoffe ich spiele niemals Golf. Have a very happy tuesday, lovers! Enjoy everything you do with your heart wide open.

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